Grinsi, Linus und der Kleine Knopf

chriddi -

"Und nun wisst ihr, weshalb ihr auch in sternenklarer Supermondnacht drei neue Wolkenschafe entdecken könnt", schloss Kleiner Onkel ihre traurige Geschichte, von der sie meinte, die Lämmer seien mittlerweile alt genug, diese zu verstehen. Die verwirrten Gesichter, in die Onkelchen blickte, verrieten ihr das Gegenteil. Warum sollte es auch anders sein? Niemand verstand, was gerade geschah. Nicht einmal sie selbst. Also versuchte sie es mit guter Miene zum bösen Spiel, wischte sich heimlich Tränen aus den Augen und legte ihre nun ziemlich feuchte Klaue freundschaftlich auf die Schulter der schweigsamen Schäferin: "Hey, nicht verzweifeln! Das ist kein Grund, den Schäferhut an den Nagel zu hängen oder an jemanden zu übergeben, der sich vermeintlich besser auskennt. Alle sterben, auch die Schafe."

🖤 Grinsi 🖤
🖤 Linus 🖤
🖤 Knöpfchen 🖤

🖤Grinsi🖤, ~2015 - 24. Juli 2024

Du liebes Grinseschaf, du Grande Dame der Herde, du tapfere, gute Mutter von zuckersüßen Drillingen, hinterlässt eine riesige Lücke. Selbstverständlich hast du mit deinem auffälligen Unterbiss, der dich ununterbrochen lächeln ließ, erst einmal alle Blicke auf dich gezogen. Doch es war dein Charakter, mit dem du jeden um den Finger gewickelt hast. Du warst so ein aufmerksames und genügsames Schaf. Ich glaube, im Stall bist du mir - nach dem ersten Grinseblick - aufgefallen, weil du als einzige um Kuscheleinheiten und nicht um Futter gebeten hast. Und du hast deinen Artgenossen gezeigt, wie das geht, dass es geht. Ja, du hast die sozialen Gefüge in der Herde geregelt, ich möchte behaupten, du warst lange Zeit das Leitschaf. Auf jeden Fall für uns, deine menschlichen Herdenmitglieder. Unsere Ankunft auf der Weide kündigtest du von Weitem an und begabst dich langsam in unsere Richtung. Langsam und gemächlich, denn du warst alt und wusstest deine Kräfte einzuschätzen. Dass die anderen Auen dich überholten und die ersten am Weidetor waren, beunruhigte dich nie: Du warst dir deiner innigen Kuschelminute immer sicher.
Nur an deinem vorletzten Tag begrüßte mich niemand...

Ein heiseres Blöken, eher Krächzen, das aus dem Unterstand ertönte, erschreckte mich an jenem Morgen. Du warst das einzige Schaf im Stall, alle anderen Schafe waren auf der Südseite der Weide, um taubedecktes Grün zu grasen. Deine drei Lämmer waren mit der Herde gegangen. Du riefst dir nach ihnen die Seele aus dem geschwächten Leib, doch erhieltst keine Antwort. Ich holte den kleinen Muck (ja, dein Sohn Schröder heißt jetzt Muck, aber dazu später...), damit die entkräftende Schreierei ein Ende hat. Den Burschen hast du schon lange nicht mehr trinken lassen, er würde dich ermüdete alte Dame also nicht noch weiter auszehren.
Mittags dann standet ihr Beiden an der Stalltür als wäre nichts gewesen. Eure Blicke fragten vorwurfsvoll, warum ihr denn wohl nicht bei der Herde sein dürftet. Mit Öffnung des Gatters trabtet ihr - der Muck voran - zur Herde und alles war wie immer.
Tags darauf bot sich mir ein ähnliches Bild: Eine schwache Grinsi lag im Stall. Diesmal nicht ganz alleine, denn alle drei Lämmer waren bei dir. Und ich rief die Tierärztin.
Die gestresste Ärztin (Blauzunge im Kreis!) schmunzelte als sie dich sah. "Na, habt ihr auch so schöne Zähne?", fragte sie deinen Nachwuchs. Die drei Babys mussten verneinen, obwohl dein charakteristischer Unterbiss doch das perfekte Erbe wäre... Der Rest war "Animal Hospital": Du erhieltst eine Infusion mit Elektrolyten und Vitaminen. Deine Vene war kaum zu finden, beim Einstich ronn aus der Kanüle kein Blut, sondern rot gefärbtes Wasser. Du hattest eine hochgradige Anämie unbekannter Ursache. Als erstes mussten die Lämmer weg, damit sie die wenigen Nährstoffe, über die du noch verfügtest, nicht aussaugen. Das störte dich schon gar nicht mehr und ich kann dir versichern, dass Lucy, Linus und Schröder Muck die abenteuerliche Fahrt im Kofferraum bis in unseren Garten genossen. Mir wurden noch zwei Aufbauspritzen für dich übergeben (subkutan und intramuskulär darf ich spritzen) und alle Daumen gedrückt.

Morgens grinste eine einzige Wolke am sonneverwöhnten Himmelszelt...

Danke für alles, Grinsi!

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🖤Linus🖤, 25. April - 11. August 2024

Lieber Linus, du bist mit deinen Geschwistern Lucy und Schröder Muck in unseren Garten gezogen - und das war schon okay für euch, denn schließlich hattet ihr euch. Abenteuer Kofferraum, Abenteuer neues Terrain, Abenteuer gutes Fressen und ganz viel Menschenliebe nur für euch. Doof wurde es erst am nächsten Tag. Ihr Drillinge wusstet noch nicht, dass eure Grinsemami gestorben war und die Menschen entschieden hatten, die Lucy so schnell wie möglich bei den Auen und Muck und dich bei den Bocklämmern zu integrieren. Als wir Lucy aus eurem kleinen Gehege hoben, habt ihr Jungs geschrien wie am Spieß. Auch als sie schon lange weg war, war euer Geblöke herzzerreißend. Ja, eure Familienbande war herzzerreißend - da sage nochmal jemand "Das sind doch nur Schafe"! Freude und Freundschaft, Apathie und Trauer, gar Langeweile und natürlich Liebe - das könnt ihr alles ausdrücken! Die Wissenschaft sagt so, ich bestätige dies hundertprozentig!

Wir haben die Jungböcke zunächst zu euch in den Garten gebracht, denn ihr solltet nicht als jüngste Schafe gemobbt werden - die Rocker sollten zu euch kommen. Fabelhaft habt ihr euch alle zusammengerauft, wobei klar war, dass der kleine Muck und du immer zusammenhielten, ihr im Zweifel zu zweit draußen vor dem Stall geschlafen habt. Der kleine Muck - der Tapferste von allen, der, der innerhalb weniger Tage seine Mutter, seinen Bruder und seinen besten Kumpel verlor - erhielt nun seinen neuen Namen: Er musste Zauberpantoffeln haben, denn es gelang ihm täglich, sich Limbo-artig oder Flip-Flop-mäßig durch den Zaun zu zwängen und die besten Gräser und Kräuter nur für sich zu ergaunern. Der Muck ist das einzige Schäfchen, das Mäx nicht knurrend von der Terrasse vertrieben hat... Und er ist schwarz... ;-)

Nun denn, Linus, ihr kamt als Rocker-Bande auf die ehemalige Böckchenweide (die großen Böcke sind vor dem Kindergarten in Sicherheit gebracht worden...), ihr hattet Spaß, du jedoch schlichst bald hinterher. Du warst ganz wackelig auf den Beinen, dein Bauch wurde dick, dicker, prall und ich zwang die Tierärztin nach dem ersten Tipp, einfach deinen Pansen zu massieren, zu dir zu kommen. Du erhieltst dieselbe Behandlung wie deine Mami...

...und hast Grinsi am Folgetag in den Wolken begrüßt.

🖤Jim Knopf🖤, 7. April - 20. August 2024

Gosh, Knöpfchen, du kleines Mistviech, du glaubst ja gar nicht, wie sehr ich dich vermisse! Doch, man kann ein Schaf, das keine fünf Monate alt geworden ist, richtig, richtig lieb haben! Das weißt du aber auch...

Du warst der Kleinste, aber irgendwie auch der Größte! Du warst mein zweites Flaschenlämmchen, das zweite nach Balboa. Einen schwereren Start als der gute Boxer hattest du allerdings. Weißt du noch, wie du Findelkind ("Jim Knopf") Fruchtwasser-nass einsam im Stall standest und ich mich erstmal auf die Suche nach einem Schaf mit von einer Geburt blutigem Hinterteil machen musste? Ich fand Filou, eine Mami, die selbst noch ein Lamm war. Leider hattest du nur eine Woche gut von deiner Mutter. Dann hattest du mich und ein Fläschchen. Du warst immer ein Nücker, aber du warst richtig gut drauf! Nee, du bist kaum gewachsen und noch vor Kurzem haben wir überlegt, wie du wohl über den Winter kommen würdest, denn deine Wolle bestand bis zuletzt aus einem kurzen Lämmerflaum. Aber du warst immer gut drauf und hast jeden Morgen "Mäh-mi!" gerufen, obwohl ich schon lange keine Milchflasche mehr mitbrachte. Weißt du noch, wie du mich beim Heu machen genervt hast? Und wie du bei deinen ständigen Durchfallproblemen immer wieder Kräutertee mit Traubenzucker nahezu gesoffen hast? Alles, was deine Ziehmami dir gab... Aber dann wolltest du nicht mehr. Du wolltest nichts mehr. Dein Bauch war dick, deine Kehle geschwollen. Mit dem kleinen Muck, der aufgrund der Größe (Holla, du warst drei Wochen älter!) deine Nähe gesucht hat, warst du noch zwei Tage in Quarantäne. Und dann habe ich doch entschieden, zu töten, was ich liebe. Ich habe dich zum Wolkenschaf gemacht, obwohl du das gar nicht so schnell werden wolltest...

Knöpfchen, du zeigtest dieselben Symptome wie Grinsi und Linus. Und es ging dir schlechter und schlechter. Also habe ich dich einschläfern lassen. Keine Infusion, kein Leiden (?) in der Nacht. Schnelle Wolke.

Deinen Körper habe ich ins Landeslabor zur Obduktion gebracht. Die Pathologin war sehr süß. Nachdem sie sich deinen Krankheitsverlauf angehört hatte, strich sie dem toten Tier über die Wange und sagte: „Vielleicht rettest du nun alle anderen.“

Knöpfchen, so ist es! Vielleicht.

Wir sind im Krieg und der Feind heißt Roter gedrehter Magenwurm. Meine Schafe w(e)urden von Vampiren aufgesaugt und ich kann/konnte nur zuschauen. Ja, das sagt der mittlerweile eingetroffene Autopsiebericht, der sich liest wie das Skript für einen Horrorfilm.

Und nun lasst bitte die Toten ruhen und mich kämpfen! Zum Beispiel um das Leben von Balboa und Nappo und Kleiner Onkel, die die aktuellen Symptomträger sind. Wir werden erfolgreich sein! Vielleicht schreibe ich dann irgendwann wie und warum...

Schöner Beitragsabschluss?! Klar! Der Muck ist der Held!






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31.08.2024