Lange haben wir überlegt, ob es in unserem Bestand im kommenden Frühjahr (diesmal geplanten) putzigen Nachwuchs geben sollte. Einerseits hat uns die Lämmeraufzucht sehr viel - vielleicht sogar die meiste - Freude bereitet, andererseits haben die gehäuften krankheitsbedingten Todesfälle uns im jungen Schäferdasein ziemlich verunsichert. Zudem hat die durch BTV verursachte, langwierige Hufentzündung unseren schönen Elton ordentlich in Mitleidenschaft gezogen. Er gab die letzten Wochen eher das Bild eines erbärmlichen Tropfs denn eines stolzen, stattlichen Deckbocks. Elton humpelt zwar schon lange nicht mehr, sein aufrechter, eleganter, fast tänzelnder Gang, mit dem er nicht nur die schafige Damenwelt beeindruckte, ist seit seiner Erkrankung aber leider Geschichte. Unterordnung und Anpassung verbunden mit der vorsichtigen "Anfrage" bei den Jungböcken, ob er auch mal schnüffeln dürfte, prägten nunmehr seinen Charakter.
"Vergesst es! Böcke mit Schmerzen springen nicht." Hm. Schmerzen hat kein Tier mehr. Und wenn überhaupt Begattung, dann Elton. Schließlich wurde er mit der Bestimmung "Papa" einst gekauft. Wir lassen's drauf ankommen!
Nun, an dieser Bezeichnung ist ein bisschen was dran. Es sind die Böcke, die zur Brunstzeit, also vornehmlich im Herbst, unruhig werden. Sie sind ständig am Schnüffeln und Flehmen, kosten Urinproben von ihren Artgenossen und springen auf das ein oder andere Hinterteil. In einer reinen Bockherde bringt dieser Sprung in der Regel aber nur eine heftig pochende, manchmal blutige Stirnplatte, keine sexuelle Befriedigung. Sehr zurückhaltend bezüglich Körperlichkeiten, begann nun endlich auch Elton wieder zu flehmen und am Zaun nahe den Auen auf und ab zu flanieren. Ah, die Lebensgeister sind geweckt! Eltons Verhalten war erfreulich, nicht jedoch das einzige Entscheidungskriterium. Aller 'geilen Böcke' zum Trotz: Die Mädels wollen es auch!
Und so gaben uns am letzten Oktoberwochenende Dolly und Blanca unmissverständlich bekannt, dass sie brünstig sind, ihre Stehtage haben, empfängnisbereit sind. Das ist so niedlich! Die Schafe werden ganz anhänglich und kuschelig. Sie weichen keinen Zentimeter von dir, reiben ihren Kopf an deine Beine, geben wohlige, knurrige Laute von sich und... bewegen ihren Schwanz in einem merkwürdigen Winkel von der Scheide weg.
"Stehtage" ist verbal etwas übertrieben, denn Schafe sind nur 24-36 Stunden in der fruchtbaren Phase und damit paarungsbereit. In dieser kurzen Zeit sind sie ganz heiß auf den Bock, ansonsten ignorieren sie ihn wie einen Fremdkörper in der Herde. Letzteres bekommt Elton gerade zu spüren und schaut wieder wie ein armer Tropf, wie ein einsames Schaf. Doch ich will ja nicht vorgreifen...
Nun aber schnell!
Jein: Die Böcke müssen schnell sein, wenn so ein Schaf brünstig ist, das ist richtig. In großen Herden kommt es tatsächlich immer wieder zum Ableben männlicher Tiere, wenn zu wenig Böcke auf zu viele empfängnisbereite Schafe gelassen werden, da die armen Teufel sich völlig verausgaben. Wenn sich das "Angebot" im Rahmen hält, gilt aber: Ein Sprung, ein Treffer, gut. Ein Sprung, kein Treffer? Nächster Versuch. Da die Mädels aber sehr willig sind, klappt es meist... Kein Treffer? Hier nun die gute Nachricht: Ein Zyklus dauert bei Schafen nur 17 Tage bis zum nächsten Eisprung, dann gibt's eine neue Chance, sofern das Muttertier nicht trächtig geworden ist.
Daran orientieren wir gerade auch unser Weidemanagement, die Familienplanung... 🥰
Selbstverständlich haben wir uns bereits im Vorwege Gedanken gemacht, welche Schafe gedeckt werden sollen. Da hatte Elton so gar kein Mitspracherecht, wobei ich denke, dass ihm das auch ziemlich schnuppe ist. Vier Mädels wurden nach äußerst strengen Zuchtkriterien ausgewählt:
Außerdem haben Achtundsechzig, Freckles und Kleiner Onkel noch Lämmer bei sich. Die beiden letztgenannten sollen aufgrund ihres Alters sowieso nicht mehr den kräftezehrenden Strapazen einer Trächtigkeit ausgesetzt werden. Das finden sie übrigens nicht witzig, denn sie waren auch sehr (d)rollig, machten Elton schöne Augen und blökten dem ausgewählten Harem eifersüchtig hinterher.
Sie kannten sich ja nur von Weitem... Elton erhielt sein Geschirr umgelegt (falls er von alleine nicht in die richtige Richtung gehen würde - völliger Schwachsinnsgedanke!) und durfte die vier Grazien auf ihrer Extraweide zunächst von außen betrachten. Alle fünf Tiere waren sehr aufgeregt. Da weder Ängste noch Aggressionen auftraten (dumme, dumme Menschen - was denken die eigentlich?), durfte Elton direkt auf das Weidestück. Der hüpfte vor Freude (von wegen schmerzende Hufe…) und die neugierigen Auen umringten ihn umgehend. Die Schafe beschnüffelten einander intensiv und (wie vorausgesehen?!) Dolly und Blanca begannen, mit Elton zu schmusen, während Olivia und Smilla sich nach ein paar Minuten dem interessanteren neuen Weidezelt zuwandten.
Es ist wahrlich zu schön, Schafe zu beobachten! Selbst in der heißesten Brunstphase sind sie ganz lieb und zärtlich zueinander. "Schmusen" heißt tatsächlich schmusen: Elton und die empfängnisbereiten Damen schmiegten ihre Wangen aneinander, blieben so ein Weilchen stehen, drückten und rieben die Körper aneinander, kraulten einander mit dem Muffel den Nacken und dann...
Elton ist gesprungen, aber ab jetzt wird die Geschichte zu intim... 😉
Wir ließen den Harem bis auf die tägliche Fütterung ein paar Tage ganz in Ruhe. Als wir bemerkten, wie viel Aufregung und Stress die nicht ausgewählten Auen (selbstredend samt geschlechtsreifer Lämmer) hatten und verbreiteten, trieben wir die fünf Arterhaltenden um. Das Quintett befindet sich seit fast drei Wochen auf der alten Böckchenweide direkt am Haus. Die meiste Zeit hängt Elton eher alleine ab, er wurde aber schon in innigster Zweisamkeit auch mit Olivia und Smilla gesichtet. Nun sollte bei Dolly und Blanca die zweite Brunstperiode stattfinden. Vielleicht aber auch nicht... 😁
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