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Zum Geburtstag meiner Mutter die heute 95 geworden wäre

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greece-lover
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Einige, die mich schon länger kennen, wissen, dass ich jedes Jahr am Geburtstag meiner verstorbenen Mutter einen kleinen Beitrag zu ihren Ehren veröffentliche.

Mit diesem Beitrag möchte ich an sie erinnern. Wenn der eine oder andere von euch diesen Beitrag durchliest, wird sie auch ein Teil von euch, und so erhält sie ein Fünkchen Unsterblichkeit. In diesem Jahr habe ich mir für sie etwas Besonderes ausgedacht, denn ich habe einen Songtext für Sie geschrieben. Ich denke, das Lied würde ihr sicherlich Freude bereiten.

Liebe Mutti,
und wieder ist ein Jahr vergangen. Heute wäre dein 95. Geburtstag, wenn du uns nicht schon vor 17 Jahren verlassen hättest.

Jedes Jahr an deinem Geburtstag sende ich dir einen Gruß und veröffentliche ihn auf allen Plattformen, die mir zur Verfügung stehen. Ich möchte, dass viele Menschen einen winzigen Augenblick etwas von dir erfahren und du so Teil ihres Lebens wirst. So bleibst du unvergessen und hast einen kleinen Augenblick der Unsterblichkeit, den du dir verdient hast.

Ich weiß, dass es dir viel Freude bereiten würde, dass heute durch diesen Beitrag so viele Menschen an dich denken. Du lebst ohnehin in mir weiter und auch in deinem Enkel Daniel, der dich leider nur bis zu seinem 7. Lebensjahr erleben durfte. Und da ich mir sicher bin, dass der Tod niemals das Ende ist, komme ich mit der Trauer um dich auch gut zurecht. Auch halte ich es für gut, dass deine Urne, genau wie die von Andreas, bei uns zu Hause steht. Immer wenn ich die Urne von meinem Bruder und dir sehe, denke ich einen kurzen Augenblick an gemeinsame Zeiten.
Ich bin gerade dabei, das Haus, das ich vor fast 20 Jahren einmal für dich gekauft habe, ein wenig zu sanieren. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben Fliesen an die Wand geklebt, Fußboden verlegt und auch einige andere Arbeiten erledigt. Der erste Raum, die Küche, ist fast fertig und du würdest sie nicht wiedererkennen. Sicherlich hättest du nie gedacht, dass ich einmal solche Arbeiten erledigen könnte.

Das andere Ferienhaus wird auch von Tag zu Tag ansehnlicher. Dort können Menschen, die wenig Geld haben oder besonders belastet sind, auch einen kostenlosen Urlaub verbringen. Einige Gäste waren schon hier und es hat ihnen dort sehr gefallen. Du hattest die Umgebung hier geliebt und dich hier sehr wohlgefühlt. Schade, dass du nur wenige Wochen hier leben konntest, bevor die Einschränkungen durch Krankheit und die Dunkelheit der Demenz dich in Beschlag genommen haben.

Dein Enkel hat, obwohl er ja Freilerner war und nur ein paar Monate in der Grundschule war, sein Abi Fachabi als zweitbester seines Jahrgangs abgeschlossen und studiert nun, Wirtschaftsinformatik. Du wärst auch auf ihn mächtig stolz.

Hier möchte ich aber auch ein wenig über dich berichten - das hatte ich auch schon in den vergangenen Jahren veröffentlicht, und so haben alle einen kleinen Einblick in dein Leben.

Du bist wenige Jahre vor Ausbruch des 2. Weltkrieges im Jahre 1929 geboren und deine Jugend verbrachtest du in den Wirren der Kriegsjahre. Du hast nie viel aus deiner Kindheit und auch von deinen Erlebnissen deiner Jugend erzählt. Aber ich wusste, dass du schreckliches durchmachen musstest und früh mit schlimmen Ereignissen konfrontiert wurdest, die kein Kind erleben sollte.

Was ich weiß, ist, dass du viele Schicksalsschläge erdulden musstest. Der schlimmste war, mit ansehen zu müssen, wie meine Schwester mit nur 5 Jahren vor deinen Augen tödlich verunglückte. Dieses Ereignis hat dein Leben natürlich nachhaltig geprägt. Durch Krankheit und auch den ein oder anderen Dämon, mit dem du kämpfen musstest, warst du selten glücklich. Du hast meinem Bruder und mir aber trotz alledem eine unbeschwerte Kindheit und Jugend ermöglicht. Als Alleinerziehende solch einen Rabauken wie mich aufzuziehen, war sicherlich nicht immer leicht. Das weiß ich heute genau. Ich habe es dir hauptsächlich in meinen wilden Jugendjahren nicht leicht gemacht, aber egal, was ich angestellt habe - du hast immer zu mir gestanden.

Mit über 60 hattest du dann aber auch ein wenig Glück gefunden. Als ich dich zu mir nach Kassel geholt habe, hast du deine große Liebe gefunden und hattest so für einige Jahre einen Partner, mit dem du sehr viel unternommen hast. Du hattest uns in den Lokalen, die ich damals gepachtet hatte, unterstützt und bist wieder richtig aufgeblüht.

Du konntest miterleben, wie ich ein großes Unternehmen gegründet habe und auch finanziell sehr erfolgreich gewesen bin. Du hast die Geburt und die ersten Lebensjahre deines Enkels miterleben dürfen und auch, wie ich kurzerhand alles hingeschmissen habe, um 6 Jahre mit einem Wohnmobil durch die Weltgeschichte zu fahren.

Leider haben dich dann doch viel zu früh die Gebrechen des Alters eingeholt und auch der Schleier der Demenz hat sich über deinen Geist gelegt. Auch wenn ich dir extra eine behindertengerechte Wohnung bei uns im Haus eingerichtet habe, muss ich gestehen, ich war mit der Situation hoffnungslos überfordert. Ich kam mit deiner schnell fortschreitenden Demenz nicht klar. Du hast dich dann fast 1,5 Jahre bettlägerig herumquälen müssen, bis du Erlösung erfahren konntest.

Auch wenn wir einen 24-Stunden-Pflegedienst bezahlt haben und uns so gut es möglich war, um dich gekümmert haben, waren das sehr prägende Erlebnisse, die mich dazu bewegt haben, mich viel stärker sozial zu engagieren.
Heute wärst du sicherlich sehr stolz auf mich. Unter anderem, weil du erleben könntest, was du geprägt hast. Ich habe viele Gruppen bei Facebook gegründet und auch das soziale Netzwerk NesoMi ins Leben gerufen. Dort helfen sich Mitglieder gegenseitig und wenn es notwendig ist, fangen sich die Mitglieder dort auch gegenseitig auf.

Mir ist es wichtig, dass Alleinerziehende, Senioren, bei denen die Rente nicht üppig ausfällt, oder andere benachteiligte Menschen in den Genuss kommen, einmal abzuschalten. Kommt dir das nicht alles bekannt vor? Die Gruppen zusammen haben nun schon fast 500.000 Mitglieder. Durch sie haben schon tausende ein wenig Glück erfahren können. Letztlich ist es auch ein Teil deines Erfolges, liebe Mutti, also hat auch dein Leben dazu beigetragen, die Welt ein klein wenig besser zu machen.

Aber nicht nur ich gedenke deiner heute, sondern auch dein Enkel und Manuela und sicherlich auch der ein oder andere aus meinem Netzwerk. Denn eins ist sicher, solange jemand weiß, dass du gelebt hast und du für einen kurzen Augenblick Teil seines Lebens geworden bist, wirst du in den Gedanken der anderen auch weiterleben. Der Tod ist in meinen Augen, auch wenn ich kein gläubiger Mensch bin, nicht das Ende. Ich bin fest davon überzeugt, dass es eine weitere Ebene des SEINS gibt, wie immer das auch ausschauen mag. Eines Tages werde auch ich es wissen.

Auch wenn ich jedes Jahr einen Beitrag am Geburtstag meiner verstorbenen Mutti veröffentliche, ist das immer etwas Besonderes. Ich bin sehr traurig und es kullert auch mal ein Tränchen die Wange herunter, so wie gerade, wenn ich durch diesen Beitrag dir gedenke.

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