Mein Sohn ist umgezogen. Vom Stadtrand in eine nagelneue Innenstadtwohnung mit Terrasse. Fußläufig bei Krankenhaus, Hanauer Joint und Fitnessstudio.
Im Block gegenüber wohnt sein bester Freund. Der ist Narkosearzt. Sie teilen das gleiche Hobby und können sich trockenen Fußes in Hausschuhen durch die Tiefgarage hindurch besuchen. Als ich das nagelneue Haus zum ersten Mal durch die viel zu schmale Haustür betrat, fiel mir gleich ein bekannter Geruch auf. Nicht Chanel No 5, kein Basar-Deo, Männerpuff oder Sauerkrautfurz. Nein, es lag ein süßer, feiner Cannabisduft in der Luft des Gebäudes. Unten im Eingangsbereich, im Aufzug auch noch oben im Vierten, vor der Wohnung. Bei geschlossener Tür war der Spuk vorbei.
Superelegante Wohnung, 1900 Euro warm. Natürlich noch im Aufbauchaos, aber alles perfekt. Ja, der Bursche hats geschafft, zahlt aber einen hohen Preis dafür. Zeit und Nerven. In der Psychiatrie werden keine Eierkuchen gebacken. Da gehts zur Sache, ganz besonders für den, der für die Pflege in einer Aufnahmestation zuständig ist. Wenn einer am Wochenende überraschend fehlt, ist der arme Bub dran, falls niemand einspringt. Zurück zu den Verursachern vieler Psychosen, Cannabis und Mietobjekt.
Später im Parterre, als ich wieder aus der affig schmalen Haustüre hinaus wollte, mein Strauss-Anorak gegen alle Wetter für den Durchlass zu breit war, bemerkte ich ein Schreiben an Alle vor meiner Nase.
Mein Enkel wohnt da jetzt. Sechzehn. Ein Heranwachsender, der seine ersten Erfahrungen auf der Scene bereits gesammelt hat. Sie endeten mit Schlägen, Spucken, Treten bis hin zum Rippenbruch. Ansonsten ist er ein wohlgeratener Bursche im Umgang mit Menschen.
Ich verorte da ein aufreibendes Problem im Schreiben. Es fehlt jeder Bezug auf Paragrafen. Der verfassende Wohlania-Manager hat keine Ahnung, worauf er sich beziehen soll und stochert verloren im Dunst des BGB. Das hat sich nämlich gerade geändert. Du erinnerst dich? Legalize it! Das ist passiert. Aber entgegen meiner Vermutung, wenigstens manche Politiker hätten Erfahrung mit dem Kraut, koksen sie höchstens, weil das nicht so stinkt. Ihre Gesetze sind für die Füße der Bürger, da die jetzt Gerichte stürmen müssen. Die Einen, weil sie endlich rauchen wollen und die Anderen, weil es gotterbärmlich stinkt.
Gesetzgebung und die finale Verankerung in BGB und Rechtspflege, sind ein Prozess des Aushandelns anhand irre vieler Grundsatzurteile. Denk nur Mal an die Rechtslage zum Bewuchs von Grundstücksgrenzen! Hätten die Verantwortlichen nur ein Mal an den Geruch des Krautes gedacht. Aber das ist vielleicht zu Viel verlangt.